Jugend in der Christengemeinschaft

Kurz gefragt

Interview mit Liselotte Sütterlin

Liselotte, geboren 2005, wurde vor zwei Jahren in der Christengemeinschaft konfirmiert und ist seitdem im Jugendkreis der Gemeinde Köln aktiv. 
Das Interview führte Raphaela Pöllmann, geboren 1999, Gemeinde Köln.
Was war ein besonderes Erlebnis für dich mit der Christengemeinschaft?
 
Ein tolles Erlebnis war meine Konfifahrt. Das war das erste Mal richtig weit weg, wir waren in England, und das ganze dann mit gleichaltrigen! Anders als z.B. bei einer Klassenfahrt waren wir weniger und wir hatten ein gemeinsames Ziel. Toll war auch das gemeinsame Kochen und dass man eben alles gemeinsam macht. Und: das Wandern! Das Wandern fand ich ganz toll, dadurch macht man was zusammen und redet viel und gerade durch die Gespräche mit den älteren Helfern und Priestern lernt man so viel! Das ist wie eine große Diskussionsrunde. Die Konfifahrt war schon cool.
 
Wie erinnerst du dich an deine Konfirmation zurück, wie war das für dich?
 
Nur noch ganz grob, ich war total aufgeregt, deswegen kann ich mich nicht so gut daran erinnern.
 
Bei mir gab es einen Moment, an den ich mich heute noch sehr gut erinnern kann: als der Priester mir die Hände über den Kopf gelegt hat (Anm.: an dieser Stelle spricht der Priester einen Segen “über“ jedem einzelnen der Konfirmanden und legt beide Hände über den Kopf dessen).
 
Stimmt! Das fand auch sehr prägend. Diese Geste hat so viel in sich. Das ist mir auch gut in Erinnerung geblieben. Die Konfirmation ist gar nicht so ein Teil davon gewesen, dass ich jetzt in der Gemeinde bin, sondern eher die Fahrten und das Ministrieren bei der Weihehandlung. Ich hab die Weihehandlung vorher nur dreimal erlebt: bei meiner Konfirmation und davor bei der Konfifahrt und bei der Familienfreizeit.
 
Wie hat sich dein Erleben der Weihehandlung durch das Ministrieren verändert?
 
Während der Konfifahrt hab ich bei der Weihehandlung schon zugehört, aber wenn du dann da am Altar stehst bist du viel präsenter dabei. Ich war irgendwie wacher. Ich bekomme dann mehr mit und fühle mich näher dabei, weil ich eben direkt davor stehe. Ich bin mehr Teil davon dadurch dass ich auch spreche und aktiv helfe.
 
Glaubst du dass dich auch so als Teil dessen fühlen kannst, wenn du in der Gemeinde sitzt und nicht ministrierst?
 
Ja, man kann dann auch gedanklich dabei sein, aber es ist anstrengender. Weil du nicht so eng dabei bist. Klar, jeder denkt mit und ist dabei aber wenn man hinten sitzt gleiten die Gedanken weg oder so und dann kommt das erst mit der Zeit. Man muss die Sachen irgendwie in einen Zusammenhang setzen und das ist schon anstrengend teilweise wenn man das am Anfang erstmal verstehen muss. Wir haben beim Ministrieren lernen auch viel über die Weihehandlung gelernt, warum das Buch jetzt da steht und der Kelch dort und haben so “Insider-Wissen“ bekommen. Vorher dachte ich, das wäre einfach nur so so. Damit der Priester halt besser aus dem Buch lesen kann. Dann hätte man es auch einfach in der Mitte stehen lassen können. (lacht)
 
Ist die Christengemeinschaft aktuell wichtig?
 
Klar, das ist schon die fortschrittlichste der Kirchen. Die Christengemeinschaft ist zeitgemäß und hat moderne Ansätze und viele neue Ideen, gerade weil sie auch noch so jung ist. Z.B. das Priestertum der Frau gibt es nur hier. Aber damit bin ich aufgewachsen, das war für mich nie so etwas besonderes. Und dann eben die ganz anderen Ansätze: das anthroposophische Menschenbild. Die Pfarrer sind jung. Die ganzen Jugendreisen, Jugendkreis, die Konfifahrten überall in verschiedene Länder und die Jugendtagungen mit Jugendlichen aus aller Welt. Ich finde es wichtig, dass eine Kirche zeitgemäß ist und mit der Jugend mitgeht und für mich fühlt es sich so an, als wäre das in der Christengemeinschaft so.
 
Was ist für dich an der Gemeindearbeit wichtig?
 
Die Fahrten allgemein, aber ich glaube am meisten die Familienfreizeiten. Ich finde es auch schön, dass Jugendliche da als Helfer mitkommen können und mit den kleineren Kindern dann etwas machen. Mit kleinen Kindern habe ich ja sonst nie Kontakt und auch mit Eltern – außer meinen eigenen – nicht. Und dann komme ich mit Menschen in Kontakt, mit denen ich normalerweise nie reden würde oder nichts mit ihnen gemeinsam unternehmen würde und diese Gruppe von Menschen, die alle eine gemeinsame Idee oder einen Glauben oder eine Gemeinde haben, das verbindet irgendwie. Das ist schön wenn man so eine Verbindung hat.
 
Was ist diese gemeinsame Idee?
 
Grundsätzlich ist es eine Menschheitsidee, aber natürlich hat das auch was mit Glauben zutun. Man ist wegen einer Sache da und das ist der Glaube. Manchmal auch die Gemeinde.
 
Vielleicht auch weil man auf der Suche ist?
 
Ja! Glauben hat auch total viel mit Suchen zu tun. Man sucht seinen Weg und versucht seine Wahrheit da zu erkennen. Am Anfang bei der Konfirmation sitzt man da und versteht irgendwie nichts und man kann mit der Zeit versuchen, das zu verstehen. Als ich letztens mein Konfibuch angeschaut habe sind mir Sachen aufgefallen, die mir vorher gar nicht aufgefallen sind. Unser Konfirmandenunterricht hatte das Überthema “Zahlen“ und in meinem Buch hatte ich dann bei der “Drei“ zum Beispiel ein Dreieck mit den Worten Salz – Wasser – Asche. Und an diesem Beispiel habe ich gemerkt, dass viele Sachen aus meinem Konfirmandenunterricht und aus dem Buch für mich jetzt erst Sinn ergeben. Deswegen ist das auch wichtig so ein Buch zu führen, damit man zurückblicken kann.
 
Wie sieht für dich die ideale Gemeinde aus?
 
In meiner idealen Gemeinde haben alt und jung auf jeden Fall mehr miteinander zutun. Ich finde es wichtig, dass junge Leute durch die Reisen miteinander verbunden werden und sich kennenlernen aber es ist ein Ideal, dass verschiedene Altersgruppen sich untereinander mehr kennenlernen. Vielleicht als Idee: man könnte einen “Tag der Diskussionen der Generationen“ machen. Man lebt manchmal als junger Mensch in einer Bubble und hat nur mit anderen Jugendlichen zutun, aber ältere Menschen haben eine so andere Sicht auf die unterschiedlichsten Themen, deswegen ist es vielleicht ganz cool, so einen Tag für den Austausch zu machen.