Jugend in der Christengemeinschaft

Kurz gefragt

Interview mit Emilie

 Hier fragen wir die Jugend! Im Interview erzählen uns Jugendliche über ihr Engagement in der Christengemeinschaft, lustige Anekdoten von Ferienfreizeiten und spannende Geschichten auf Jugendreisen… 

In dieser Ausgabe von Kurz gefragterzählt uns Emilie, geboren 2004, wie sie in Berlin- Kleinmachnow ihren ganz besonderen Weg zur Christengemeinschaft gefunden und einen Jugendkreis gegründet hat, was ihre weiteren Pläne sind und welche Gedanken sie zum Entwicklungspotential der Christengemeinschaft hat. Wir treffen uns während der jährlichen Priesterweihen – Emilie ist Organisatorin bei der dazugehörigen Jugendtagung und kann gerade so eine halbe Stunde entbehren. Das Interview führte Raphaela Pöllmann, geboren 1999, Gemeinde Köln. 

 Wie bist du zur Christengemeinschaft gekommen? 

In der vierten Klasse habe ich mich entschieden auf die Waldorfschule zu wechseln. Das war wie eine Eingebung. Ich war beim Tag der offenen Tür und die Schule hatte keinen Platz frei, aber dann bin ich eben zur Lehrerin hingegangen und habe zu ihr gesagt: Ich möchte in deine Klasse, und dann hat sie das organisiert. (lacht) 

Ich war vorher viel krank, deswegen wollte ich die Schule wechseln. Ich habe mich nicht aufgehoben gefühlt, das hat für mich nicht gepasst dort. Ich war mal wieder krank und das Telefon hat geklingelt, das war die Lehrerin von der Waldorfschule, die gesagt hat: Möchtest du immer noch auf unsere Schule? Ich habe dir einen Platz organisiert.Dann habe ich eine Probewoche gemacht und bin gewechselt. Ich war mit einem anderen Mädchen die einzige im evangelischen Religionsunterricht und habe entschlossen, dass ich gerne in den Religionsunterricht der Christengemeinschaft gehen will, einfach weil da meine Freunde waren und ich nicht so allein sein wollte. Irgendwann war das Jahr dann zu Ende und das Zeugnis kam und dort stand die Christengemeinschaft beim Religionsunterricht drauf. Meine Eltern haben sich ein bisschen gewundert – es war überhaupt kein Problem, aber sie mussten sich erstmal an den Gedanken gewöhnen. 

Zu Ostern war ich das erste Mal in der Sonntagshandlung für die Kinder, mit eben dieser Freundin, die hat mich mitgenommen. So ganz verstanden habe ich das alles nicht, dazu war ich noch zu klein. Ich hatte aber danach jedes Mal das Gefühl, dass ich ein Stück gesünder war beziehungsweise wieder neue Kraft hatte. Ich hatte damals sehr lange Krankheitsphasen: ich war immer wieder vier Wochen zuhause, dann eine Woche in der Schule und dann schon wieder vier Wochen zuhause. So ging das über zwei Jahre. Nach der Sonntagshandlung hatte ich erstmal die Kraft wieder längere Zeit durchzuhalten, ohne krank zu werden. Das war eigentlich der ausschlaggebende Punkt für mich. Das hat sich danach tatsächlich ein bisschen gelegt, dass ich so viel krank war. 

In der achten Klasse sollte ich mich entscheiden, ob ich konfirmiert werden möchte. Für meine Eltern war es klar, dass ich zur evangelischen Kirche gehe. Ich habe mich aber für die Christengemeinschaft entschieden. Dort hab mich super aufgehoben gefühlt. Besonders in der letzten Zeit vor der Konfirmation kam dieses Gefühl des Kraft-Gebens wieder ganz stark. Ich habe auch viel mit dem Seminaristen gesprochen, der bei uns den Konfirmandenunterricht gemacht hat. Als er geweiht wurde war ich das erste Mal bei einer Priesterweihe dabei, und auch bei der dazugehörigen Jugendtagung. Dort hat mich ein Priester zu einem Vorbereitungstreffen zu einer Jugendtagung eingeladen. Seitdem bin ich dabei. 

Ist es immer noch so, dass die Weihehandlung dir Kraft gibt? 

Es ist zeitabhängig. Manchmal habe ich nicht das Bedürfnis in die Menschenweihehandlung zu gehen und manchmal überkommt es mich und dann geh ich doch hin. (lacht) 

Wenn ich dort bin, bin ich oft nicht so richtig dabei, sondern eher bei mir selbst und kann ganz viele meiner Gedanken sortieren und alles, was ich vorher hundertmal durchdacht habe und überhaupt nicht zu einem Entschluss gekommen bin – da finde ich in dem Moment den Punkt. Jedes Mal, wenn ich ganz großes Chaos habe und nicht weiß, was ich machen soll. 

Das Gefühl von früher ist vielleicht gerade nicht mehr so stark, weil ich es auch nicht mehr so richtig brauche. 

Wie hast du die Priesterweihen erlebt? 

Als ich das erste Mal dabei war, war ich so richtig krass geflasht. (lacht) Von allem. Ich war sehr beeindruckt von der Kraft, die von den Priestern zusammen ausgeht. 

Ich habe das alles ganz anders in Erinnerung als hier. Vielleicht auch weil ich die Jugendtagung hier mit organisiere – jetzt bin ich innerlich ganz wo anders – damals konnte ich das viel mehr wahrnehmen und auf mich wirken lassen als jetzt. Wenn man selbst Teilnehmer ist, dann ist das ganz anders, jetzt bin ich die ganze Zeit am Organisieren und überlege, was ich noch machen muss. 

Hast du überlegt, wie es für dich weitergeht? Mit dem Jugendkreis oder vielleicht am Priesterseminar? 

Erstmal war der Anfang, dass es in Kleinmachnow keinen Jugendkreis gab und ich mit einer Freundin zusammen einen gegründet habe. 

Wie habt ihr das gemacht? Ich habe mich beschwert, dass es keine Jugendarbeit in Kleinmachnow gibt. (lacht) 

Diese Freundin und ich haben uns zusammengesetzt und uns überlegt, wann wir Zeit haben und was wir so machen wollen. Wir haben eine Rundmail geschrieben, dass wir jetzt am Freitag Jugendkreis anbieten. (lacht) 

Zu Anfang war es sehr unregelmäßig, auch wegen der Pandemie, mittlerweile kommt eine Regelmäßigkeit rein und es funktioniert auch gut. Wir kochen zusammen, reden, spielen Spiele und singen. Wir machen das jeden zweiten Freitag, ohne Übernachtung – einfach, bis man keine Lust mehr hat. Unser Jugendkreis bestand am Anfang aus sechs Leuten, weil Kleinmachnow eine kleine Gemeinde ist. In der Zwischenzeit sind viele dazugekommen und wir sind aktuell ungefähr 15 Jugendliche. 

Zur Frage mit dem Priesterseminar – als ich das erste Mal bei einer Weihe war dachte ich, ich gehe auf jeden Fall mal ans Seminar. Mal schauen, wann es reinpasst. Ich würde schon gerne mindestens für ein Jahr dazustoßen. Ich habe mich sofort aufgehoben gefühlt in diesem ganzen Anthro-Umfeld, auch weil das bei mir zuhause nicht so war. Meine Eltern sind absolut keine Anthroposophen. Deswegen war das wie eine andere Welt, die ich da kennengelernt habe. Ich habe mich wie am richtigen Platz gefühlt und dachte für mich – ja, hier kann ich mir vorstellen zu bleiben. 

Wo hat die Christengemeinschaft noch Entwicklungspotenzial? 

Vor allem bei mir in der Gemeinde kann man sich umschauen und ungefähr 80% der Menschen sind über 60 Jahre alt. Ich finde, das ist ein großer Punkt – dadurch ist die Denkweise auch oft ein bisschen veraltet. Ich glaube es ist richtig wichtig, dass wir auch – ich will nicht sagen, dass wir uns nicht im 21. Jahrhundert befinden, aber in manchen Punkten kann man da noch ein bisschen mehr in die heutige Welt reinkommen. Es gibt so manche Ansichtspunkte, die man noch ein bisschen ändern könnte. 

Die Sache ist – die Christengemeinschaft hat keine Dogmen. 

Ja, das stimmt. Offiziell nicht, aber inoffiziell schon. Finde ich zumindest. 

Ich denke, es passiert ganz viel durch die Jugend und das muss auch an die älteren Menschen herangetragen werden, diese Erneuerung. Bei uns in der Gemeinde geht das an denen vorbei, die wissen gar nicht, was in der Jugend der Christengemeinschaft so passiert, und das finde ich schade. Es passiert ziemlich viel. 

Was braucht die Christengemeinschaft jetzt? 

Schwierige Frage. Neuen Aufschwung, salopp gesagt. Das kann alles bedeuten. Eigentlich passiert gerade viel und das wird auch gut aufgenommen. Ich habe die Leute aus meiner Gemeinde alle mal gesehen aber mit dem Großteil habe ich noch nie ein Wort gewechselt. Ich fände es richtig schön, wenn der Jugendkreis und der Rest der Gemeinde sich mal zum Sonntags-Café zusammensetzen würden, um sich auszutauschen. So dass beide Seiten vertreten sind – das wäre großartig.